Der Schleitheimer Dorfbach
Chronologie einer Bachverbauung

Am 2. Juni 1844 verwüstete ein fürchterliches Unglück die Gemeinde Schleitheim. Wolkenbrüche – wie sie hier noch nie erlebt wurden, haben diesen Nachmittag nach 4 Uhr unsern Dorfbach in wenige Minuten zum reißensten Strome angeschwellt! Seine Verheerungen in ganzer Länge des Dorfs sind ungeheuer, der Schaden für unsern Gemeinde unberechenbar! [...] Ruin, wo das Auge hinblickt, nichts als namenlose Verheerung. Nachdem die schlimmste Not der Bevölkerung gelindert war, beschloss die Regierung auf Anraten einer Expertenkommission, das Bachbett zu korrigieren, mit hohen Ufermaueren einzufassen und Hindernisse auszuräumen. Doch horrende Kosten zu Lasten der Gemeinde, Beschränkungen im Eigentum ihrer Bürger und Pfusch in der Ausführung liessen die Akzeptanz der obrigkeitlichen Massnahmen rasch schwinden. Am Ende wies das Schaffhauser Parlament die Regierung Mitte April 1853 an, nicht länger „…die Gemeinde zur Ausführung der Correction nach einem Plane anzuhalten, den sie selbst nicht wolle u. nicht angenommen habe.

Die Aufarbeitung der Baugeschichte zeigt, dass das Bauwerk Dorfbach vornehmlich der Mitte des 19. Jahrhunderts und des späten Historismus zuzuordnen ist. Grössere Unterhaltsarbeiten erfolgten etwa alle 50 Jahre. Die unterschiedlichen Bauphasen, die sich durch veränderte Steinwahl, Steingrösse und Fugenbild auszeichnen, verleihen der gesamten Bachufermauer ein höchst abwechslungsreiches und vielfältiges Erscheinungsbild. In ihrer Gesamtheit wirkt die Abfolge der sich leicht unterscheidenden Mauerabschnitte für den Betrachter sehr lebendig. Trotz aller Mannigfaltigkeit an Formen, Materialien und Farben ist der Dorfbach ein bedeutendes Zeugnis klassizistischer Ingenieursbaukunst. Sein gleichmässiger Querschnitt, die langgezogenen Kurven und harmonische Linienführung weisen den Bachlauf als Kunstbau aus. Die Kontinuität und Homogenität des Bauwerks vereint die Heterogenität an Strukturen und Bauweisen zu etwas Zusammengehörigen, das im Dorfbild trotz seiner Verschiedenartigkeit als einträchtiges Ganzes wahrgenommen wird. Das Bauwerk wurde damit zum festen Anker und Kontinuum einer sich stetig in Wandlung befindlichen Ortschaft, das Identität und Vertrautheit bietet. 

Auftraggeber / Bauherr

Kantonale Denkmalpflege Schaffhausen

Projektdaten

2020: Entwicklungsgeschichte, örtl. Bestandsaufnahme